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Der mündige Patient
Kaden Verlag, Heidelberg 2ooo

ISBN: 3-922777-32-5

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Inhalt
Leseprobe

Vorwort

FEHLT

Ungelesene Briefe

Kaden Verlag, Heidelberg 2o11

ISBN: 3-922777-32-5

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Inhalt
IX Vorwort
1 Lieber Theophil
(Leben und Tod im Bewusstsein Gottes)
23 Liebes Fräulein Vera
(Wirklichkeit und Wahrheit)
53 Lieber Johannes
(Theodizee oder die Frage nach der Gerechtigkeit)
73 Lieber „Bonifax“
(Not im Überfluss)
99 Lieber Tobias
(Arzt, Medizin, Gesellschaft)
125 Sehr verehrte Frau Carlsson
(Über das Vertrauen am Beispiel des Patiententestaments)
153 Lieber Freund
(Gedanken über das Sterben)
175 Liebe Rita
(Tod und Weltverstehen)
195 Verehrter Monsignore Clemens
(Religion und Freiheit)
221 Lieber Claudius
(Betrachtungen über das Leben, die Tiere und das Glück – ein Kinderbrief)
247 Mein lieber Mond!
(Gedanken über den Menschen, die Geschichte und die Schöpfung)
275 Die Bedeutung des Wortes
(Ein Nachwort)
Leseprobe

Vorwort

Die Erde, auf der wir leben, haben wir uns verfügbar gemacht. Die Kommunikationsmöglichkeiten sind unbegrenzt, jeder noch so entlegene Winkel ist uns zugänglich und wir sind dabei, uns diese Erde nach unserem Willen und nach unseren Vorstellungen einzurichten. Gleichzeitig setzen wir alles daran, ihre Regeln, Ordnungen und Gesetze zu enträtseln; der Blick in die kleinsten wie in die größten Dimensionen weitet sich.

Wir sprechen von Globalisierung und Vernetzung, wir rücken zusammen und wir befleißigen uns, alles, was dieser Erde eigen ist, für unser Dasein in Anspruch zu nehmen. So war es wohl gedacht und in der Tat könnte man meinen, dass alles gut und für die Menschen von Vorteil und Nutzen wäre.

Doch wir erleben anderes. Immer wieder zerbricht das Bewusstsein des Menschen an der Verschiedenartigkeit seiner Werte- und Gottesvorstellungen. Immer tiefer geraten die Menschen in die sozialen Konflikte. Immer verletzender gebärden sich die hegemonialen Ansprüche. Immer mehr vereinnahmt ein materielles Denken die Lebensinhalte und die Zielsetzungen des Menschen.

Mit der Globalisierung und der Materialisierung geht eine unwiderstehliche Kraft zur Uniformierung einher. Die weltlichen Güter verlieren ihren Wert in dem Bewusstsein des Selbstverständlichen. Die Fülle der auf den Menschen ruhelos einwirkenden Reize, Signale, Zeichen und banalen Informationen lassen ihn gesättigt sein und hindern ihn an jeder geistigen Erfahrung. Die Individualität verliert sich in der Masse. Die sich wandelnden Begriffe von Kunst und Kultur erschöpfen sich in dem Versuch, die Identität der menschlichen Existenz in den Tiefen ihrer Trostlosigkeit und Vereinsamung, ihrer Verletzbarkeit und Selbstzerstörung zu beschwören. Kunst und Kultur spiegeln die Dissonanz des im Diesseitigen verlorenen Menschen.

Dann aber, wenn der Mensch in existenzielle Nöte gerät, wenn er an seine Grenzen stößt und ihm seine Vergänglichkeit bewusst wird, wenn er mit Krankheit, Sterben und Tod konfrontiert wird, wenn er das Schicksal des Scheiterns und des Verlustes zu tragen hat, dann, stellen sich Fragen, die oft unbeantwortet bleiben, dann und eben dann wird ihm bewusst, wie weit sich seine Wirklichkeit von seinem Ursprung, seiner Wahrheit, seinem eigentlichen Lebenssinn entfernt hat.

Mit meiner beruflichen Tätigkeit als Arzt stellt sich immer wieder die Aufgabe, solchen Menschen ein beratender und helfender Partner zu sein. Es dauerte Jahre, bis ich erkannte, dass es dabei nicht der Kunst der Rede bedarf, vielmehr der Kunst des verstehenden Hörens; dass es nicht darum geht, mit vielen Worten etwas zu beschönigen sondern darum, eine Einstellung, eine Überzeugung, ein Bewusstsein glaubhaft zu vermitteln.

So mancher Vortrag und manche Publikation, so sehr sie auch mit Mühe und Hingabe erarbeitet waren, konnten schließlich dem eigentlich ärztlichen Anliegen nicht gerecht werden. Erst im persönlichen Gespräch, im unmittelbaren Gegenüber ließ sich etwas konkretisieren und glaubhaft vermitteln, was dem in Not geratenen Menschen Halt und Hilfe sein konnte. So wählte ich die literarische Form des fiktiven Briefes um das, was zu sagen ist, was gesagt werden kann, zum persönlichen Wort werden zu lassen.

Danken möchte ich Frau Hannelore Adam, Herrn Norbert Krämer und Herrn Christian Molter, die die Publikation dieser Briefe ermöglicht haben.

Lebenswirklichkeiten

Kaden Verlag, Heidelberg 2o16

ISBN: 978-3-942825-51-1

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Inhalt
1 Einführung
13 Realität und Wirklichkeit
43 Das Ego und das Selbst
83 Scheinwirklichkeiten
109 Die Freiheit
133 Die Gerechtigkeit
159 Das Vertrauen
179 Die Liebe
209 Das Glück
227 Die Dankbarkeit
249 Die Hoffnung
275 Die Gesundheit
293 Glauben und Wissen
311 Die Wissenschaft
331 Die Wahrheit
353 Die Kunst
373 Die Kultur
Leseprobe

Vorwort

Die Erde, auf der wir leben, haben wir uns verfügbar gemacht. Die Kommunikationsmöglichkeiten sind unbegrenzt, jeder noch so entlegene Winkel ist uns zugänglich und wir sind dabei, uns diese Erde nach unserem Willen und nach unseren Vorstellungen einzurichten. Gleichzeitig setzen wir alles daran, ihre Regeln, Ordnungen und Gesetze zu enträtseln; der Blick in die kleinsten wie in die größten Dimensionen weitet sich.

Wir sprechen von Globalisierung und Vernetzung, wir rücken zusammen und wir befleißigen uns, alles, was dieser Erde eigen ist, für unser Dasein in Anspruch zu nehmen. So war es wohl gedacht und in der Tat könnte man meinen, dass alles gut und für die Menschen von Vorteil und Nutzen wäre.

Doch wir erleben anderes. Immer wieder zerbricht das Bewusstsein des Menschen an der Verschiedenartigkeit seiner Werte- und Gottesvorstellungen. Immer tiefer geraten die Menschen in die sozialen Konflikte. Immer verletzender gebärden sich die hegemonialen Ansprüche. Immer mehr vereinnahmt ein materielles Denken die Lebensinhalte und die Zielsetzungen des Menschen.

Mit der Globalisierung und der Materialisierung geht eine unwiderstehliche Kraft zur Uniformierung einher. Die weltlichen Güter verlieren ihren Wert in dem Bewusstsein des Selbstverständlichen. Die Fülle der auf den Menschen ruhelos einwirkenden Reize, Signale, Zeichen und banalen Informationen lassen ihn gesättigt sein und hindern ihn an jeder geistigen Erfahrung. Die Individualität verliert sich in der Masse. Die sich wandelnden Begriffe von Kunst und Kultur erschöpfen sich in dem Versuch, die Identität der menschlichen Existenz in den Tiefen ihrer Trostlosigkeit und Vereinsamung, ihrer Verletzbarkeit und Selbstzerstörung zu beschwören. Kunst und Kultur spiegeln die Dissonanz des im Diesseitigen verlorenen Menschen.

Dann aber, wenn der Mensch in existenzielle Nöte gerät, wenn er an seine Grenzen stößt und ihm seine Vergänglichkeit bewusst wird, wenn er mit Krankheit, Sterben und Tod konfrontiert wird, wenn er das Schicksal des Scheiterns und des Verlustes zu tragen hat, dann, stellen sich Fragen, die oft unbeantwortet bleiben, dann und eben dann wird ihm bewusst, wie weit sich seine Wirklichkeit von seinem Ursprung, seiner Wahrheit, seinem eigentlichen Lebenssinn entfernt hat.

Mit meiner beruflichen Tätigkeit als Arzt stellt sich immer wieder die Aufgabe, solchen Menschen ein beratender und helfender Partner zu sein. Es dauerte Jahre, bis ich erkannte, dass es dabei nicht der Kunst der Rede bedarf, vielmehr der Kunst des verstehenden Hörens; dass es nicht darum geht, mit vielen Worten etwas zu beschönigen sondern darum, eine Einstellung, eine Überzeugung, ein Bewusstsein glaubhaft zu vermitteln.

So mancher Vortrag und manche Publikation, so sehr sie auch mit Mühe und Hingabe erarbeitet waren, konnten schließlich dem eigentlich ärztlichen Anliegen nicht gerecht werden. Erst im persönlichen Gespräch, im unmittelbaren Gegenüber ließ sich etwas konkretisieren und glaubhaft vermitteln, was dem in Not geratenen Menschen Halt und Hilfe sein konnte. So wählte ich die literarische Form des fiktiven Briefes um das, was zu sagen ist, was gesagt werden kann, zum persönlichen Wort werden zu lassen.

Danken möchte ich Frau Hannelore Adam, Herrn Norbert Krämer und Herrn Christian Molter, die die Publikation dieser Briefe ermöglicht haben.

Von der Notwendigkeit des Widerspruchs

Kaden Verlag, Heidelberg 2o18

ISBN: 978-3-942825-72-6

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Inhalt
VII Vorwort
1 Vom freien Willen des Menschen
13 Wesen und Bedeutung der Krankheit
43 Gibt es ein Recht auf Gesundheit?
57 Der Arzt als Mythos, als Manager, als Mensch, als Mittler
95 Ärztliche Verantwortung heute
111 Das Gespräch zwischen Patient und Arzt
151 Brauchen wir neue Vorbilder in der Medizin?
167 Die Indikation als Gradmesser ärztlicher Authentizität
181 Sterbehilfe zwischen Tabu und Anspruch
219 Die Patientenverfügung
235 Der Behandlungsfehler
255 Die Solidarität als Kulturgut in der Medizin
279 Die sogenannte alternative Medizin
289 Das Krankenhaus: Glanz und Elend
313 Von der Notwendigkeit des Widerspruchs
Leseprobe

Vorwort

Immer wieder beziehen wir uns in Diskussionen und allgemeinen Gesprächsrunden auf das christliche Abendland, nicht selten in Abgrenzung zu anderen Kulturen und zur Betonung eigener Wertvorstellungen. So sehr und gern wir auch dieses Argument ins Feld führen, bleiben doch die Inhalte, die mit einer solchen Feststellung zum Ausdruck kommen sollen, allzu oft verschwommen. So müssen wir uns die Frage stellen, inwieweit wir die vielen alltäglichen Probleme, die politischen, gesellschaftlichen und sozialen, im Bewusstsein christlicher Überzeugung angehen oder ob das christliche Gedankengut nur noch schmückendes Beiwerk ist, gleichsam tradiertes Brauchtum, entweder zu gelegentlichen Vorzeigezwecken oder als Rückzugsmöglichkeit in Zeiten fehlender Lebensperspektiven. 

So stellt sich die Frage nach der christlichen Lebensgewissheit besonders in schweren Zeiten, in Grenzsituationen, in Situationen existenzieller Not, mit denen uns das Leben konfrontiert: in Zeiten der Krankheit, des Sterbens und des Todes. In solchen Zeiten bedarf es einer gefestigten Lebenseinstellung, bedarf es einer Haltung, die zu einer Antwort auf die sich stellende Sinnfrage bereit und fähig ist. Es scheint eine Eigenschaft des Menschen zu sein, sich mit der Sinnfrage jedes einzelnen Daseins erst dann zu beschäftigen, wenn die Existenz bedroht  bzw. in Gefahr geraten, wenn die Fortsetzung der gewohnten Lebensabläufe nicht mehr gewährleistet ist.

Unabhängig von der Bereitschaft eines jeden Einzelnen, sich in solchen Situationen bei der Klärung der Sinnfrage auf eine christliche Überzeugung zu beziehen, steht au.er Frage, dass das abendländische Kulturbewusstsein wesentlich auf christliches Gedankengut zurückzuführen ist und verantwortlich ist für das Menschenbild, welches für unser gesellschaftliches Zusammenleben entscheidende Bedeutung hat. Dieses Orientierung gebende, ethisch moralische Grundverständnis der Mitmenschlichkeit droht im alltäglichen Aktionsgebaren überlagert zu werden von einer konformistischen Sach- und Zweckbezogenheit. Der Mensch droht dabei seine Individualität zu verlieren und zur Kalkulationsgröße zu verfremden. Wenn auch eine solche Entwicklung allgemein zu beklagen ist, gewinnt sie doch in der Medizin eine besondere Bedeutung, eben in jenem Bereich, in dem sich der Mensch mit existenziellen Fragen konfrontiert sieht.

Viele Probleme im Umfeld der Medizin und im Rahmen des Gesundheitswesens ließen sich nach einfachen Regeln menschlicher Vernunft lösen vor allem aus der Sicht des dort tätigen Personals, der Ärzte, der Therapeuten und der Pflegekräfte. Bedauerlicherweise haben berufsfremde Funktionäre die Ägide hinsichtlich Planung und struktureller Programmatik übernommen, so dass organisatorischer Gestaltungswillen mit der Zielsetzung reibungsloser und anonymisierter Funktionsabläufe den geistigen Nährboden verantworteter Mitmenschlichkeit mehr und mehr in den Hintergrund geraten lässt. Vor diesem Hintergrund geht es darum, das Bewusstsein des Arztes, nicht weniger das des Patienten und im Weitesten das der Funktion.re und Betreiber zu schärfen und auf die wesentlichen Grundbedingungen medizinischer Verantwortung zurückzuführen. 

In allem Denken und Handeln ist der Mensch abhängig von seiner Gesinnung, von seinem Bewusstsein, aus dem sich der Wille formt und schließlich das Gedachte zur Gestalt werden lässt.

So bedarf es einer Orientierung, eines Standpunktes, will man ein Bild nicht nur wahrnehmen und in seinen Zusammenhängen verstehen, sondern versuchen, Einfluss zu nehmen und an der Gestaltung mitzuwirken. Bevor man also über Menschen redet, über ihre Aufgaben und Pflichten, über Verantwortung und über ihr zwischenmenschliche Verhalten, ist es ratsam, sich über das Mensch-Sein schlechthin Klarheit zu verschaffen, über das Wesen und die Bedeutung des Menschen. Nicht zuletzt aus diesem Grund soll in einem ersten Kapitel die Position des Menschen beleuchtet und, aufbauend auf seine Möglichkeiten und seine Bestimmung, der Lebensbezug verdeutlicht werden. Aufbauend auf dieses Bewusstsein wird in den folgenden Kapiteln auf die heutigen Probleme der Medizin eingegangen. Jedes Kapitel ist in sich abgeschlossen und ermöglicht ein jeweils eigenes Verstehen. So erklären sich gelegentliche inhaltliche Wiederholungen, die jedoch dem Verständnis im Ganzen durchaus förderlich sein können. 

Sterbehilfe - Wer entscheidet?

Kaden Verlag, Heidelberg 2o2o

ISBN: 978-3-942825-89-4

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Inhalt

VII Vorwort
1 Einführung
5 Leben: Fatalität und Freiheit
11 Lebenswertigkeit
21 Leiden, Leidensfähigkeit
33 Das Recht auf Leben, das Recht auf Sterben 39 Die passive Sterbehilfe
45 Die aktive Sterbehilfe
47 Wer entscheidet?

Leseprobe

Vorwort

Mit dem Urteil vom 26. Februar 2020 räumte das Bundesverfassungsgericht jedem Menschen, unab-hängig von jung oder alt und unabhängig von krank oder gesund, das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben ein. Nicht erst seit diesem Urteil bewegt das Problem der Sterbehilfe die Gemüter in engagiert geführten Diskussionen und mit widerstreitenden Argumenten. Es treten unzählige Gesichtspunkte zu Tage, oft begründet durch ganz unterschiedliche subjektive Erfahrungen. Dabei werden diese persönlichen Erfahrungen immer wieder zum Hauptargument einer mit Nachdruck vertretenen Meinung. Unabhängig davon, dass jede Meinung Aufmerksamkeit und Wertschätzung verdient, ist es geboten, sich frei zu machen vom eigenen Erleben, um offen zu bleiben für die Vielgestaltigkeit des Lebens, des Sterbens und des eintretenden Todes. Es gilt jedoch noch etwas anderes: Bei den vielseitigen Gesprächen über das Problem der Ster- behilfe steht allzu schnell das Sterben selbst im Mittelpunkt. Man spricht über das Ende eines Weges und lässt dabei allzu oft den Weg selbst außer Acht, das jeweils individuelle Leben also. Ein Urteil über die letzte Wegstrecke, im Sinne einer Wegfindung, muss sich auf die Zusammenschau des individuellen Daseins eines Menschen beziehen. Umso notwendiger ist es, sich vor jeder Entscheidung mit den Grundbedingungen des Lebens zu befassen, um schließlich einzusehen, dass Sterbehilfe ein wichtiger Teil der Lebenshilfe ist.

Einführung

Sobald man sich als Mediziner zu erkennen gibt, wird man immer häufiger konfrontiert mit der Frage: „Sind Sie für oder gegen Sterbehilfe?“ Es wird am Anfang eines langen, gedanklichen Weges eine ausführliche Beschreibung des Weges und des angestrebten Zieles vorweggenommen. Wie soll das gehen, was soll man antworten? Nicht einmal die Begriffe sind bei dieser Frage eindeutig geklärt; man bezieht sich mit dieser Frage ausschließlich auf ein vages, im Raum stehendes Problem und zwar: „Soll Tötung auf Verlangen ermöglicht werden oder nicht?“ Allein schon die Fokussierung auf diese Frage mag bei manch einem eine Veränderung der Emotionalität bewirken, wonach sich diese Frage nicht mehr so leicht und unbeteiligt beantworten lässt wie: „Sind Sie für oder gegen die Sterbehilfe?“ Beide Fragestellungen beinhalten den Tatbestand der äußeren Mitwirkung. Im ersten Fall geht es um das Sterben im letzteren direkt um den Tod. In beiden Fällen wird das Mitwirken als Hilfe deklariert. Im ersten Fall bedeutet „Hilfe“, den Prozess des Sterbens erträglicher werden zu lassen. Im zweiten Fall bedeutet „Hilfe“, das Sterben zu umgehen, es abzukürzen, dem Leben ein Ende zu setzen, es zu töten. Stellte man also die Frage so, sind Sie für oder gegen das Töten, dann wird man erkennen müssen, wie abwegig und wenig hilfreich die anfangs gestellte Frage ist, nicht zuletzt, weil sie wichtige Gesichtspunkte außer Acht lässt. Zum anderen ist sie so gestellt, dass sie bestenfalls Vorurteile zu Tage fördert. Das Leben und der Tod verdienen aber eine andere Zugangsweise.

Um Entscheidungen hinsichtlich solch gewichtiger Fragen treffen zu können, wird man sich eingehender mit der Bedeutung des Lebens und mit der Phase des Sterbens befassen müssen. Was bedeutet es, wenn wir vom Leben sprechen? Welche Wertvorstellungen verbinden wir mit der Einmaligkeit und der zeitlichen Begrenztheit unseres Daseins in dieser Welt, aus der Sicht des Einzelnen und aus der Sicht des Gemeinwesens? Die Auseinandersetzung mit der Zeit des Sterbens gerät besonders dann ins Blickfeld gedanklicher Vertiefungen, wenn im vorausgegangenen Leben die Frage nach der zeitlichen Begrenzung ausgeblendet oder ignoriert wurde. Darüber hinaus wird man nicht umhinkommen, sich die Frage zu stellen, welchen Stellenwert das Leiden in unserem Leben einnimmt. Schnelle Antworten wie etwa, man müsse das Leiden um jeden Preis zu verhindern suchen, werden dem Problem schon deshalb nicht gerecht, weil Leiden ein Bestandteil unseres Lebens ist. Alle Versuche jedoch, es zu lindern und es erträglicher werden zu lassen sind Aufgaben gelebter Mitmenschlichkeit, Teil des sozialen, menschlichen Bewusstseins.

Eine weitere Frage wird man sich stellen müssen: Welche Umstände können dazu führen, dass in bestimmten Situation der Wunsch entstehen kann, dem Leben ein Ende zu setzen. Ist es ein eher spontaner, aus einer unmittelbar erlebten Grenzerfahrung heraus entstandener Wunsch entsprechend einer Torschlusspanik, einer Momententscheidung oder handelt es sich um den Endpunkt eines gedanklichen Abwägens nach einer ins Unerträgliche gesteigerten Leidenszeit? Gibt es also das, was man in nüchterner Abwägung die Unzumutbarkeit des Lebens bezeichnen kann? In diesem Zusammenhang wird ebenso einfühlsam wie nüchtern – zusammen mit dem betroffenen Menschen – zu klären sein, inwieweit dieser Zustand von Dauer, also endgültig und unveränderbar oder ob er grundsätzlich veränderbar ist und Hoffnung auf Veränderung, auf Besserung besteht.

Bei den streitigen Auseinandersetzungen über das Thema „Sterbehilfe“ wird man den herrschenden Zeitgeist nicht gänzlich ausgrenzen können. Es sind ganz offensichtlich Strömungen erkennbar, welche die divergierenden Meinungen nachhaltig beeinflussen. So tendieren immer mehr Menschen dazu, von einer ausschließlichen Selbstbestimmung in Bezug auf das Leben auszugehen. Der wohl verstandene und verantwortete Umgang mit der Freiheit mutiert mehr und mehr zu vermeintlichen Rechten, die man zu haben glaubt und schließlich zu Abhängigkeiten von leichtgläubig übernommenen Meinungstrends, von modischer Angleichung und materiell betonter Äußerlichkeit. Ansprüche überlagern die Möglichkeit der Selbstvergewisserung und sie reduzieren den Menschen auf die Singularität reiner Selbstbezogenheit.

Es sind grundsätzliche, ethische Fragen zu klären, es sind menschliche Aspekte im Umfeld der zu beurteilenden Situation zu erörtern und es gilt, das Lebensverständnis der letztlich Entscheidenden – quasi in Eigenregie – selbstkritisch und im vollen Bewusstsein ihrer Verantwortung zu hinterfragen, bevor ein Gesetz festgeschrieben wird, welches der Gradwanderung zwischen der Einzigartigkeit und Einmaligkeit des Lebens einerseits und der Unzumutbarkeit in bestimmten Fällen andererseits in verantwortbarer Weise gerecht wird.

Allerdings: Ein Gesetz kann nur einen Rahmen vorgeben, innerhalb dessen ein straffreies Handeln möglich ist. Die Entscheidung, die in einem konkreten Fall getroffen werden soll, muss stets die Achtung vor dem Leben und die Liebe zu ihm erkennen lassen. Somit muss es immer ein Mensch sein, der sich ausschließlich dem Leben und nicht anderweitiger Interessen verpflichtet fühlt, der schließlich eine solche Entscheidung zu treffen hat. Genau das aber ist das Problem der Festschreibung eines gesetzlichen Regelwerkes im Zusammenhang mit der Beurteilung einer individuellen Lebenssituation. Leben: Fatalität und Freiheit

Auf den Ort und die Zeit unserer Geburt, auf den Beginn seines Daseins hat der Mensch keinen Einfluss. Mit der Geburt beginnt sein Schicksal. Das ist einfacher gesagt als es ist und von größerer Bedeutung als es oft in der Selbstverständlichkeit rückwärtsgewandter Betrachtung bewusst wird. Beides, Ort und Zeit, liefern das Substrat, das Material seiner zukünftigen Möglichkeiten. Der Beginn seines Daseins konfrontiert den Menschen mit der unumstößlichen Schicksalshaftigkeit und diese Fatalität begleitet ihn bei all seinen Bemühungen, sich von ihr zu befreien, sie zu überwinden und dem Leben ein eigenes Profil zu geben. Inwieweit er sich wehrt, sich auflehnt oder die vorgegebenen Verhältnisse nutzt und sie kreativ gestaltet, ist Ausdruck seines Willens, seiner Zielstrebigkeit, seiner Entscheidungen, seiner Freiheit. Doch nicht jedes Auflehnen gegen die Fatalität ist von Erfolg gekrönt und nicht jede Schicksalshaftigkeit ist geeignet, dem Willen Grenzen zu setzen. So ist das Leben ein oft nicht leichter, wechselhafter Gang zwischen Scylla und Charybdis, zwischen dem Willen und der Schicksalshaftigkeit, zwischen der Freiheit und der Lebensbestimmtheit.

Entscheidend ist, dass der Mensch sich das Leben, sein Dasein, nicht selbst gegeben hat, dass das, was er als sein eigenes Leben versteht, vielmehr Teil eines großen Lebensgeschehens ist, das nach seinem Tod fortbesteht. Er ist ein Bindeglied in einem sich fortsetzenden Lebensprozess. Der Mensch ist demzufolge ein Ganzes als Teil einer sich fortsetzenden Daseins-Abfolge und somit ein Teil im Ganzen. Aus dieser Erkenntnis ergeben sich gewichtige Folgerungen. Vergeblich wird der Mensch in der Herausgenommenheit seines Lebens aus der Ganzheit des Lebensgeschehens, also in der Singularität seiner Existenz einen Sinn finden. Nachdem er Teil eines großen Lebensentwurfes ist, dessen Zeit hinsichtlich seiner Wirkungsund Entfaltungsmöglichkeiten von begrenzter Dauer ist und nachdem er zu jeder Zeit seines Daseins Interessen und Ansprüche mit anderen Menschen zu teilen hat, muss er sich immer und zu jeder Zeit mit den Bedürfnissen anderer Menschen auseinandersetzen. Er hat sich in der Gesellschaft zu behaupten mit gleichzeitiger Wahrung und Respektierung der Rechte, der Bedürfnisse, der Ansprüche vonseiten der mit ihm Lebenden, also seiner Mitmenschen. Dieser soziale Aspekt seines Daseins entscheidet über die Sinnhaftigkeit seines eigenen Lebens. Jeder Erfolg, jeder Gewinn, jedes Denken und Handeln hat seine Entsprechung im jeweils Anderen.

Das Zusammenleben mit seinen Mitmenschen ist Teil seiner Fatalität; er kann sich ihr nicht entziehen, er muss sich ihr stellen. Allerdings hat er die Möglichkeit, sie in die eine oder in die andere Richtung zu lenken. Die Motive, die ihn in Bezug auf seine Mitmenschen handeln lassen, sind sehr verschieden. Darüber nachzudenken ist nicht unwichtig, bedenkt man die Konsequenzen sowohl für sein eigenes Leben als auch für das seiner Mitmenschen oder gar für das ganze gesellschaftliche Zusammenleben. Entscheidend ist, wie er sein Dasein in der Abfolge des übergeordneten Lebensprozesses versteht. Ist sein Bewusstsein erfüllt ausschließlich von dem Umstand Teil zu sein, also als Glied in einer Kette oder ist sein Bewusstsein gerichtet auf die Ganzheit der Kette mit der Konsequenz, verantwortlich für sie zu sein. Sieht er sein Ich im Mittelpunkt oder das Leben, als das über ihn hinaus Bestehende, Wachsende und Wirkende. Nur im letzteren Fall kann auf der Grundlage eines ethischen Bewusstseins moralisches Handeln entstehen. Moralisches Handeln vollzieht sich ausschließlich im Wissen um die Verantwortung dem Leben gegenüber.

Es ist unverkennbar, dass in der heutigen, vom Materiellen geprägten Zeit, Tendenzen der ichbezogenen Auslösung aus der Lebenskette, aus der sich immer wieder erneuernden Lebensspirale bestehen. Das Ich konzentriert sich mehr und mehr auf ein Bewusstsein der eigenen Zufriedenstellung. Dies zeigt sich nicht zuletzt in einer zunehmenden Autoritätsskepsis und dem Aufbegehren gegen jede Form der Bevormundung (auch wenn sie nur als solche verstanden wird). Mit der Isolierung aus dem übergeordneten Lebensprojekt bewegt sich das Denken ausschließlich im Horizontalen mit der Zentrierung auf die persönlichen Vorteile, auf eigene Vorstellungen und Zielsetzungen. Die Vertikale, welche das Leben an sich im Blick behält und das eigene Dasein in den Dienst des Lebens stellt, bleibt ausgeblendet. Im Horizontelen gerät das Leben außer Sicht, es entfällt die moralische Pflicht dem Leben gegenüber; demzufolge lässt sich im horizontalen Bewusstsein über das Sterben und über den Tod leichtfertiger und unbeteiligter reden.

Im vertikalen Denken realisiert sich das Bewusstsein, Teil eines übergeordneten Schöpfungsplanes zu sein. Es wird nicht nur die Frage gestellt: „Was mache ich in meinem Dasein?“ sondern zugleich: „Was mache ich mit meinem Dasein, um dem Leben gerecht zu werden?“ Nicht: „Was gibt das Leben mir?“ sondern: „Was gebe ich dem Leben?“ Es ist das Leben, das dem Menschen das Dasein ermöglicht, so dass manche von einem Geschenk sprechen, andere, weniger demütig, von einer Chance oder von purer Schicksalshaftigkeit; andere wiederum meinen, das Leben selbst zu sein. Es ist doch gerade der unschätzbare Wert des Daseins – einmalig und einzigartig – das Leben in seiner Vielfalt und Vielgestaltigkeit wahrnehmen zu können, es für eine gewisse Zeit in all seinen Facetten des Großartigen und immer wieder auch Belastenden und Schweren erleben zu können. Zwischen „Geschenk“ einerseits und „Schicksalshaftigkeit“ andererseits liegen unzählige unterschiedliche Möglichkeiten, das Dasein auf der einen und das Leben auf der anderen Seite zu verstehen und dieses Verstehen zur Grundlage des Denkens und Handelns werden zu lassen.

In der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die uns eigen ist, ist jedem Menschen das Recht vorbehalten, seine Meinung, seine Wertvorstellung und seine für notwendig erachtete Entscheidung frei zu äußern. Es gibt keine Zäune um das weite Areal des Denkens. Das Feld des Handelns hingegen ist eingezäunt. Jenseits des Zaunes hat der Nachbar sein Dasein, der Mitmensch seine Rechte. Die gebotene Toleranz mit dem Respekt gegenüber jeder Form der Andersartigkeit ermöglicht das Zusammenleben. So einfach sich das Zusammenleben in der Theorie darstellen lässt, so problematisch wird es dann, wenn unterschiedliche Daseinsvorstellungen aufeinander treffen (horizontal-vertikal; daseinsoder lebensorientiert). Manch einer weitet seine Freiheit über Grenzmarkierungen hinaus. Andere wiederum schätzen das Leben und eben nicht nur sich selbst. Das unterschiedliche Verständnis von Freiheit, eines der höchsten Güter des Menschen, führt dazu, dass Menschen bereit sind, in den Krieg zu ziehen, um sie zu gewinnen, andere wiederum zerstören sie unachtsam oder mutwillig, indem sie meinen, dieses hohe Gut der Freiheit grenzenlos leben zu können. Der Zaun der Freiheit ist die Wahrnehmung der Verantwortung gegenüber dem Leben, gegenüber den Mitmenschen. Wie ist es nun, wenn so unterschiedliche Geister zusammensitzen, um die Regularien der weitreichenden Problematik über die Sterbehilfe einerseits und die Tötung des Lebens andererseits in Gesetze zu gießen? Man muss sich der Schwere der Aufgabe bewusst sein, um sie nicht leichtfertig in der Not schneller Erledigung zum Ende zu bringen.